BAFIN aktualisiert ihre Hinweise zum Tatbestand der Anlageberatung - Bedeutung für Investmentfonds, AIFM & KVGen

AIQUNITED-TEAM / März 25th

Am 10. Februar 2025 hat die BAFIN ihr Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand der Anlageberatung (das „Merkblatt“) – in aktualisierter Fassung veröffentlicht.[1] In diesem Newsletter stellen wir Ihnen kurz vor, was unter Anlageberatung aufsichtsrechtlich in Europa verstanden wird, welche Klarstellungen die BAFIN in ihrem Merkblatt vornimmt und welche Implikationen dies insbesondere für Investmentfonds, AIFM bzw. KVGen hat.

Die Tätigkeit der Anlageberatung wird in der EU-Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente („MiFID-II-RL“) definiert. Dort heißt es in Artikel 4 Abs. 1 Nr. 4: „‚Anlageberatung‘ [ist] die Abgabe persönlicher Empfehlungen an einen Kunden entweder auf dessen Aufforderung oder auf Initiative der Wertpapierfirma, die sich auf ein oder mehrere Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen“.

Der Begriff „Finanzinstrumente“ wiederum wird in Anhang I Abschnitt C der MiFID-II-RL definiert. Danach handelt es sich bei:

  • übertragbaren Wertpapieren;
  • Geldmarktinstrumenten;
  • Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen;
  • Optionen, Terminkontrakten (Futures), Swaps, außerbörslichen Zinstermingeschäften (Forward Rate Agreements) und allen anderen Derivatkontrakten in Bezug auf Wertpapiere, Währungen, Zinssätze oder -erträge, Emissionszertifikaten oder anderen derivativen Instrumenten, finanziellen Indizes oder finanziellen Messgrößen, die effektiv geliefert oder bar abgerechnet werden können;
  • Optionen, Terminkontrakten (Futures), Swaps, Termingeschäften (Forwards) und allen anderen Derivatkontrakten in Bezug auf Waren, die bar abgerechnet werden müssen oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können, ohne dass ein Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis vorliegt;transferable securities;
  • Optionen, Terminkontrakten (Futures), Swaps und allen anderen Derivatkontrakten in Bezug auf Waren, die effektiv geliefert werden können, vorausgesetzt, sie werden an einem geregelten Markt, über ein MTF oder über ein OTF gehandelt werden; ausgenommen davon sind über ein OTF gehandelte Energiegroßhandelsprodukte, die effektiv geliefert werden müssen;
  • Optionen, Terminkontrakten (Futures), Swaps, Termingeschäften (Forwards) und allen anderen Derivatkontrakten in Bezug auf Waren, die effektiv geliefert werden können, die sonst hier nicht genannt sind und nicht kommerziellen Zwecken dienen, die die Merkmale anderer derivativer Finanzinstrumente aufweisen;
  • derivativen Instrumenten für den Transfer von Kreditrisiken sowie finanziellen Differenzgeschäften;
  • Optionen, Terminkontrakten (Futures), Swaps, außerbörslichen Zinstermingeschäften (Forward Rate Agreements) und allen anderen Derivatkontrakten in Bezug auf Klimavariablen, Frachtsätze, Inflationsraten oder andere offizielle Wirtschaftsstatistiken, die bar abgerechnet werden müssen oder auf Wunsch einer der Parteien bar abgerechnet werden können, ohne dass ein Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis vorliegt, sowie
  • allen anderen Derivatkontrakten in Bezug auf Vermögenswerte, Rechte, Obligationen, Indizes und Messgrößen, die sonst vorliegend nicht genannt sind und die die Merkmale anderer derivativer Finanzinstrumente aufweisen, wobei unter anderem berücksichtigt wird, ob sie auf einem geregelten Markt, einem OTF oder einem MTF gehandelt werden;
  • Emissionszertifikaten, die aus Anteilen bestehen, deren Übereinstimmung mit den Anforderungen der Richtlinie 2003/87/EG (Emissionshandelssystem) anerkannt ist,

um Finanzinstrumente im Sinne der MiFID-II-RL. Erfasst sind auch Instrumente, die mittels Distributed-Ledger-Technologie emittiert werden.

a. Definition „Anlageberatung“

§§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a des Gesetzes über das Kreditwesen („KWG“) definiert die Finanzdienstleistung der Anlageberatung als die

„Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung)“.

Wortgleich findet sich diese Definition auch in § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten („WpIG“).[2] Auf den ersten Blick scheinen die deutsche Definition und die europäische Definition voneinander abzuweichen. Allerdings enthält die deutsche Definition lediglich Klarstellungen, die den weiteren Vorgaben der MiFID-RL entsprechen, so dass es hier in diesem Bereich im Ergebnis nicht zu einer abweichenden Interpretation des Begriffs der Anlageberatung kommt.

b. Definition „Finanzinstrumente“

Demgegenüber weichen die Definitionen des Begriffs Finanzinstrumente im deutschen Recht von der Definition in Anhang I, Abschnitt C der MiFID-RL voneinander ab. Zusätzlich zu den Vorgaben der MiFID-II-RL umfasst oder spezifiziert die deutsche Definition darüber hinaus:

  • Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, rechtsfähigen Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile vertreten;
  • Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes, wozu u. a. Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen), partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen gehören;
  • Schuldtitel, insbesondere Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und diesen Schuldtiteln vergleichbare Rechte, die ihrer Art nach auf den Kapitalmärkten handelbar sind, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, sowie Hinterlegungsscheine, die diese Schuldtitel vertreten, und
  • sonstige Rechte, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Rechten im Sinne von Punkten 1 und 3 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von solchen Rechten, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indizes oder Messgrößen bestimmt wird.

Nicht zuletzt für alternative Investmentfonds relevant geht das deutsche Recht somit detaillierter auf klassische Vermögenswerte in diesem Bereich ein, u. a. Anteile an juristischen Personen, partiarische- oder Nachrangdarlehen, Genussrechte und Schuldteile, wie z. B. Inhaberschuldverschreibungen.

c. Empfehlung

Aus Sicht der BAFIN handelt es sich um eine „Empfehlung“, wenn dem Anleger zu einer bestimmten Handlung – hierzu zählen insbesondere der Kauf, der Verkauf, die Zeichnung, der Tausch, der Rückkauf oder die Übernahme eines bestimmten Finanzinstruments, aber auch das Halten eines bestimmten Finanzinstruments sowie die Ausübung bzw. Nichtausübung eines mit einem bestimmten Finanzinstrument einhergehenden Rechts betreffend den Kauf, den Verkauf, die Zeichnung, den Tausch oder den Rückkauf eines Finanzinstruments – als in seinem Interesse liegend geraten wird und nicht lediglich Informationen ohne konkrete Handlungsvorschläge unterbreitet werden.

Das ist in jedem Fall im Rahmen des sog. Anlageberatermodells zwischen Anlageberater und AIFM bzw. KVG der Fall.

d. Empfehlung gegenüber einem Kunden

Die Empfehlung des Anlageberaters muss sich an einen Kunden richten. Hierzu gehören natürliche wie auch juristische Personen. Auch AIFM bzw. KVGen können Kunden in diesem Sinne sein.[3] Erfasst werden dabei auch Dreiecksbeziehungen wie z. B. zwischen einem Anlageberater und einem Vermögensverwalter in Bezug auf ein Portfolio, das der Vermögensverwalter für einen Kunden des Vermögensverwalters betreut.

e. Persönliche Empfehlung

Die Empfehlung wird als „persönlich“ eingestuft, wenn sie entweder auf einer Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt wird oder zumindest als für den Anleger geeignet dargestellt wird. Das ist bereits im Anlageberatermodell verankert und daher im Verhältnis zwischen einem AIFM/einer KVG und einem Anlageberater angelegt. So schreibt die BAFIN ausdrücklich, dass auch „Eine gegenüber einer Kapitalverwaltungsgesellschaft abgegebene Empfehlung dann eine persönliche Empfehlung im dargestellten Sinne [ist], wenn der Berater die bisherige Vermögenszusammensetzung oder die verfolgte Anlagestrategie der Gesellschaft berücksichtigt oder einen entsprechenden Eindruck erweckt“. [4]

f. Erlaubnispflicht

Wird die vorstehend beschriebene Anlageberatungstätigkeit gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbracht, der objektiv einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 32 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1a Satz 1 KWG bzw. § 15 Abs. 1 WpIG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 WpIG), ist die Anlageberatung erlaubnispflichtig. Anlageberatung gegenüber AIFM/KVGen erfolgt in allen uns bekannten Fällen mit Gewinnerzielungsabsicht und auch in einem Umfang, der „nicht vom Sofa aus geleistet werden kann“. Insofern ist davon auszugehen und sollte immer Bestandteil der initialen und laufenden DD des Anlageberaters sein, dass dessen Tätigkeit einer behördlichen Genehmigung bedarf (MiFID-Lizenz).

g. Ausnahme bei Beratung in Bezug auf Investmentfondsanteile

Beschränkt sich die gewerbsmäßige Anlageberatung auf Beratungsleistungen im Hinblick auf Anlagen in regulierte Investmentfonds, so ist eine solche Beratung nicht erlaubnispflichtig. Die BAFIN begründet diese Ausnahmeregelung dadurch, dass Investmentvermögen stärker als andere Wertpapiere standardisiert sind – was bei alternativen Investmentfonds mehr als fraglich erscheint – und die Institute oder Unternehmen, für die die Vermittlung erfolgt, selbst der Aufsicht unterliegen. Jedenfalls greift
diese Ausnahme nicht im Bereich des sog. Anlageberatermodells, es sei denn, der Anlageberater berät ausschließlich einen Dachfonds in Bezug auf Anlagen in andere regulierte Investmentfonds.

Mandatiert ein AIFM/eine KVG einen Anlageberater, um diese(n) bei der Verwaltung eines Investmentfonds zu unterstützen, dann muss Bestandteil der initialen sowie der laufenden DD des Anlageberaters dessen Lizenz sein. Bei der Anlageberatung eines Investmentfonds im Sinne von Kauf- und Verkaufsempfehlungen für Finanzinstrumente handelt es sich aus Sicht der MiFID-RL und des deutschen KWG/WpIG um regulierte Tätigkeiten. Interessant kann an dieser Stelle lediglich die Frage sein, ob es sich bei der Anlagestrategie und mithin der Art der relevanten Finanzinstrumente um solche im Sinne der MiFID-RL bzw. des KWG/WpIG handelt.

Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zur Verfügung:

Legal-team@aiqunited.com
+352 26202332 30 (office)
https://aiqunited.com/

Fabienne Wirtz-Moscariello
Senior Associate


[1] https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_250210_anlageberatung.html

[2] Da der Regelungsgehalt in beiden Gesetzen identisch ist, unterscheiden wir nachfolgend nicht zwischen KWG und WpIG.

[3] Merkblatt Abschnitt 3 a. E.

[4] Merkblatt Abschnitt 4 a. E.; nicht als persönliche Empfehlung gelten Empfehlungen an die Öffentlichkeit bzw. über sog. Informationsverbreitungskanäle.


It's time to change

KONTAKT