Änderungen unter AIFMD II - Teil 1 Liquiditätsmanagement
AIQUNITED-TEAM / März 19th
Sehr geehrte Damen und Herren,
an dieser Stelle möchten wir Sie in den nächsten Monaten und in loser Reihenfolge über die Änderungen, die die Richtlinie (EU) 2024/927 des europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/61/EU und 2009/65/EG im Hinblick auf Übertragungsvereinbarungen, Liquiditätsrisikomanagement, die aufsichtliche Berichterstattung, die Erbringung von Verwahr- und Hinterlegungsdienstleistungen und die Kreditvergabe durch alternative Investmentfonds („AIFMD II“)[1] mit sich bringen wird, informieren. Die Vorschriften der AIFMD II sind bis zum 15. April 2026 in nationales Recht umzusetzen. In dieser fünfteiligen Newsletter-Reihe befassen wir uns mit den Änderungen der AIFMD II zu den Themen Delegation durch AIFM, Offenlegungspflichten gegenüber Investoren und regulatorische Berichtspflichten, Host-AIFMs, Liquiditätsmanagement und Kreditvergabe.
In der ersten Ausgabe liegt der Fokus auf den Auswirkungen der AIFMD II auf das Liquiditätsmanagement der AIF. Die neuen Anforderungen zielen unter anderem darauf ab, die Handhabung von Liquiditätsrisiken unter angespannten Marktbedingungen zu verbessern und den Anlegerschutz zu stärken.
Neuerungen der AIFMD II: Stärkung des Liquiditätsmanagements für offene AIFs
Mit der kürzlich verabschiedeten AIFMD II hat die Europäische Union die bestehenden Regelungen zur Aufsicht alternativer Investmentfonds („AIF“) umfassend überarbeitet. Die AIFMD II zielt darauf ab, Transparenz, Stabilität und Integrität des Marktes für AIF in der EU zu stärken. Sie umfasst zahlreiche Anpassungen und Erweiterungen der Vorgaben für alternative Investmentfondsmanager („AIFM“), um eine verbesserte Aufsicht, ein effektiveres Risikomanagement und eine klarere regulatorische Berichterstattung zu gewährleisten. Die Änderungen unter AIFMD II treten am 15. April 2024 in Kraft und müssen grundsätzlich innerhalb von 24 Monaten, d.h. bis zum 15. April 2026, in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Detaillierte Anforderungen an das Liquiditätsmanagement
Die Pflicht zur Einrichtung und Anwendung eines angemessenen Liquiditätsmanagements für offene AIF ist nicht neu: Bereits gemäß Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr.
1095/2010 („AIFMD“) und Art. 46ff. Level II VO[2] müssen AIFM Verfahren für ein angemessenes Liquiditätsmanagement festlegen. Zudem schreibt Art. 16 Abs. 2 AIFMD sowohl für offene als auch geschlossene AIF vor, dass Anlagestrategie, Liquiditätsprofil und Rücknahmegrundsätze eines AIF schlüssig aufeinander abgestimmt sein müssen. Mit der AIFMD II werden diese Anforderungen nun verschärft und konkretisiert. Die AIFMD II verpflichtet AIFM, die offene AIF verwalten, geeignete Liquiditätsmanagement-Tools („LMT“) aus der in Anhang V der konsolidierten Fassung der AIFMD[3] festgelegten Liste auszuwählen und gem. Art. 23 Abs. 1 lit. h Konsolidierte AIFMD in dem Emissionsdokument des offenen AIF zu verankern. Dies soll sicherstellen, dass AIFM in Stresssituationen flexibel reagieren können. Die in Anhang V der Konsolidierten AIFMD definierten LMT sind:
(i) Aussetzung von Zeichnungen, Rücknahmen und Rückkäufen; (ii) Rücknahmebeschränkung; (iii) Verlängerung von Kündigungsfristen; (iv) Rückgabegebühr; (v) Swing Pricing; (vi) Dual Pricing; (vii)
Verwässerungsschutzgebühr; (viii) Sachauskehr und Abspaltung illiquider Anlagen („Side Pockets“).
AIFM, die einen offenen AIF verwalten, müssen mindestens zwei geeignete LMT aus den in Anhang V Nummern 2 bis 8 Konsolidierte AIFMD genannten Instrumenten auswählen. [4] Diese Auswahl darf sich nicht nur auf die in Anhang V Nummern 5 und 6 genannten Instrumente beschränken.[5] Die Sachauskehr gemäß Anhang V Nummer 8 Konsolidierte AIFMD darf nur gewählt werden, um Rücknahmeverlangen professioneller Anleger zu erfüllen und wenn die Sachauskehr einem proportionalen Anteil an den von dem AIF gehaltenen Vermögenswerten entspricht. [6]
Auswahl und Aktivierung von LMT
Die Auswahl der LMT erfolgt durch die AIFM unter Berücksichtigung der Anlagestrategie, des Liquiditätsprofils und der Rücknahmerichtlinien des jeweiligen AIF. [7]
Für die Aktivierung und Deaktivierung von LMT müssen durch die AIFM detaillierte Richtlinien erstellt werden. Zudem sieht die AIFMD II vor, dass Anleger umfassend über die Möglichkeit und Bedingungen der Nutzung von LMT aufgeklärt werden. [8]
Die Auswahl der LMT und die detaillierten Strategien und Verfahren für die Aktivierung und Deaktivierung von LMT werden den zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaats des AIFM mitgeteilt. [9]
Stärkere Rolle der Aufsichtsbehörden
Die AIFMD II erweitert die Befugnisse der Aufsichtsbehörden und der Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde („ESMA“). So können die nationalen Aufsichtsbehörden in außergewöhnlichen Situationen die Aktivierung oder Deaktivierung von LMT anordnen, um Anlegerschutz und finanzielle Stabilität zu gewährleisten.[10] Die ESMA dagegen kann die zuständige nationale Aufsichtsbehörde dazu auffordern, diese Maßnahme zu ergreifen.[11] Auch müssen AIFM bei der Aktivierung oder Deaktivierung der LMT ihre nationalen Aufsichtsbehörden unverzüglich informieren.[12]
Entwurf Regulatorischer Technischer Standards
Die ESMA ist gem. Art. 16 Abs. 2e Konsolidierte AIFMD verpflichtet, Entwürfe technischer Regulierungsstandards (Draft Regulatory Technical Standards, „Draft RTS“) zu verfassen. Hierzu hat sie bereits Konsultationen der Marktteilnehmer mittels des Consultation Papers vom 8. Juli 2024[13] eingeholt. Die Draft RTS soll bis spätestens 16. April 2025 vorliegen und anschließend der Europäischen Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden.
Die Draft RTS sollen spezifische Vorschriften zur Anwendung und zu den Eigenschaften der in Anhang V Konsolidierte AIFMD genannten LMT enthalten. Ziel ist es, Mechanismen zu etablieren, die es AIF und deren AIFM ermöglichen, Liquiditätsengpässe zu bewältigen, ohne den Markt zu destabilisieren. Zudem liegt ein zentraler Fokus auf dem Schutz der Interessen der Anleger, z. B. indem gewährleistet wird, dass AIF jederzeit in der Lage sind, Rücknahmen und Rückerstattungen im Einklang mit den Marktbedingungen zu verwalten.
Durch die Festlegung verbindlicher Standards auf europäischer Ebene wird ein harmonisierter Rechtsrahmen geschaffen, der die Liquiditätsverwaltung von AIF so transparenter und vorhersagbarer machen soll.
Bedeutung für AIFM und Investoren
Die neuen Regelungen erhöhen die Anforderungen an AIFM, insbesondere bei offenen AIFs. Diese müssen nicht nur die passenden LMT auswählen und implementieren, sondern auch sicherstellen, dass ihre LMT mit den Anlagezielen und Rücknahmepolitiken der AIF kompatibel sind. AIFM werden künftig stärker in die Verantwortung genommen, proaktiv auf Liquiditätsrisiken zu reagieren und den Anlegerschutz zu gewährleisten.
Zusätzlich wird von AIF und ihren AIFM erwartet, dass sie in den Emissionsdokumenten und Jahresberichten detaillierte Angaben zu ihrem Liquiditätsmanagement machen. Dies umfasst Informationen zu Rücknahmerechten unter normalen und außergewöhnlichen Umständen sowie zu den Bedingungen für die Nutzung der LMT.
Fazit
Mit der AIFMD II rückt das Liquiditätsmanagement stärker in den regulatorischen Fokus. Die neuen Vorgaben zielen darauf ab, den Anlegerschutz zu verstärken. Sie berücksichtigen sowohl die Interessen der Investoren, die ihre Anteile zurückgeben möchten, als auch der verbleibenden Investoren.
Obwohl die Umsetzungsfrist von 24 Monaten bis zum 15. April 2026 und die längere Übergangsfrist für einzelne Regelungen der AIFMD II den AIFM zeitlichen Spielraum für die Implementierung einräumen, ist das Liquiditätsmanagement bereits jetzt ein zentrales Thema für offene AIFs. AIFM sollten sich daher frühzeitig mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen, um ihre Strategien entsprechend anzupassen und regulatorische Risiken zu minimieren.
Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zu den Änderungen der AIMD II zur Verfügung:
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Isabell Becker
Associate
Isabell.becker@aiqunited.com
[1] Abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/eli/dir/2024/927/oj/eng.
[2] Delegierte Verordnung (EU) Nr. 231/2013 der Kommission vom 19. Dezember 2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Ausnahmen, die Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeit, Verwahrstellen, Hebelfinanzierung, Transparenz und Beaufsichtigung.
[3] konsolidierte Fassung der AIFMD mit den Änderungen unter AIFMD II („Konsolidierte AIFMD“).
[4] Art. 16 Abs. 2b Unterabs. 1 Konsolidierte AIFMD.
[5] Art. 16 Abs. 2b Unterabs. 1 Konsolidierte AIFMD.
[6] Art. 16 Abs. 2b Unterabs. 4 Konsolidierte AIFMD.
[7] Art. 16 Abs. 2b Unterabs. 1 Konsolidierte AIFMD.
[8] Art. 16 Abs. 2b Unterabs. 3 Konsolidierte AIFMD.
[9] Art. 16 Abs. 2b Unterabs. 3 Konsolidierte AIFMD.
[10] Art. 46 Abs 2 lit. j Konsolidierte AIFMD.
[11] Art. 47 Abs. 4 lit. d Konsolidierte AIFMD.
[12] Art. 16 Abs. 2d Konsolidierte AIFMD.
[13] Consultation Paper, Draft Regulatory Technical Standards on Liquidity Management Tools under the AIFMD and UCITS Directive, 8 July 2024; abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/document/consultation-paper-regulatory-technical-standards-liquidity-management-tools-under-aifmd.