Die luxemburgische Reverse-Hybrid-Regelung und Steuererklärungspflichten für Personengesellschaften
AIQUNITED-TEAM / Oktober 11th
Artikel 168quater des luxemburgischen Einkommensteuergesetzes („LEStG“) befasst sich mit sogenannten „umgekehrten hybriden Gestaltungen bzw. Gesellschaften“. Dabei handelt es sich insbesondere um luxemburgische Personengesellschaften wie die société en commandite simple (SCS), die im Wohnsitzstaat eines oder mehrerer Gesellschafter als intransparent behandelt werden, während sie in Luxemburg steuerlich als transparent behandelt werden. Werden infolge einer solchen Ungleichbehandlung ein oder mehrere Gesellschafter mit ihrem Gewinnanteil aus der luxemburgischen Gesellschaft in ihrem jeweiligen Ansässigkeitsstaat nicht besteuert, muss Luxemburg den jeweiligen Gewinnanteil der luxemburgischen Körperschaftsteuer unterwerfen. Mit Artikel 168quater des LEStG wurden die Bestimmungen der europäischen ATAD-II-Richtlinie1 in das luxemburgische Steuerrecht umgesetzt.
Am 9. Juni 2023 hat die luxemburgische Steuerbehörde eine Richtlinie2 (die „Richtlinie“) zur Ermittlung der Einkünfte einer umgekehrten hybriden Personengesellschaft veröffentlicht. Darüber hinaus informierten die Steuerbehörden in der Richtlinie über die Einführung des neuen Steuervordrucks 205 für luxemburgische Personengesellschaften („Déclaration pour l'établissement en commun des revenus d'entreprises collectives et Déclaration pour l'impôt sur le revenu des collectivités“).
Zudem hat die Steuerbehörde FAQs veröffentlicht, um die Steuererklärungspflichten für luxemburgische Personengesellschaften und die Verwendung des neuen Vordrucks 205 sowie der bestehenden Steuervordrucke für Personengesellschaften zu erläutern.
1. Hintergrund
Artikel 168quater Absatz 1 LEStG gilt für luxemburgische Personengesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern, wenn die luxemburgische Personengesellschaft in einem oder mehreren Ansässigkeitsstaaten der ausländischen Gesellschafter nicht als steuerlich transparent behandelt wird, sondern als intransparente Gesellschaft, die der Körperschaftsteuer unterliegt. Der Grund für die Nichtbesteuerung des oder der ausländischen Gesellschafter(s) und damit die Anwendung von Artikel 168quater EStG muss in einer abweichenden steuerlichen Qualifikation der Gesellschaft bestehen und nicht darin, dass ein oder mehrere Gesellschafter von einer Steuerbefreiung in ihrem Ansässigkeitsstaat profitieren. Im Anwendungsfall unterliegt die luxemburgische Personengesellschaft nur der luxemburgischen Körperschaftsteuer und nicht der luxemburgischen Gewerbe- und Vermögensteuer. Die Körperschaftsteuer wird auf den Teil der Einkünfte erhoben, der nicht im Ansässigkeitsstaat des ausländischen Gesellschafters besteuert wird. Artikel 168quater LEStG gilt nicht für luxemburgische Investmentfonds in der Rechtsform von Personengesellschaften3 wie dem reservierten alternativen Investmentfonds („RAIF“) im Sinne des Gesetzes vom 23. Juli 2016, dem Spezialfonds („SIF“) im Sinne des Gesetzes vom 13. Februar 2004 und anderen alternativen Investmentfonds im Sinne des Gesetzes vom 12. Juli 2013 über die Verwalter alternativer Investmentfonds.
Die luxemburgische „Reverse-Hybrid“-Regelung gilt nur in den Fällen, in denen ein oder mehrere verbundene Unternehmen, die nicht gebietsansässig sind und insgesamt eine direkte oder indirekte Beteiligung von mindestens 50 % der Stimmrechte, des Kapitals oder der Rechte auf Gewinnbeteiligungen in der luxemburgischen Personengesellschaft halten. Die Vorschrift gilt rückwirkend ab dem Geschäftsjahr 2022. Die Ermittlung der körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte ist in der Richtlinie geregelt, welche durch die FAQs ergänzt wird.
2. Folgen für luxemburgische Reverse-Hybrid-Personengesellschaft
Der Richtlinie zufolge gelten luxemburgische umgekehrte hybride Personengesellschaften, die unter Artikel 168quater des LEStG fallen, für luxemburgische Steuerzwecke nicht als Körperschaften, obwohl sie (teilweise) der luxemburgischen Körperschaftsteuer unterliegen können. Daher soll das Schachtelprivileg für Dividenden, die luxemburgische Hinzurechnungsbesteuerung, die Zinsschranke und die Anti-Hybrid-Regelungen nicht auf Personengesellschaften anwendbar sein, die in den Anwendungsbereich des Artikels 168quater LEStG fallen.
3. Ermittlung des Gesamtnettoeinkommens von Reverse-Hybrid-Personengesellschaften
Laut Richtlinie erzielen umgekehrte hybride Personengesellschaft drei Arten von Einkünften: Einkünfte aus Kapitalvermögen, Einkünfte aus Vermietungen von Immobilien sowie sonstige Einkünfte im Sinne von Artikel 99 LEStG. Zu den Einkünften im Sinne des Artikels 99 LEStG gehören insbesondere Veräußerungsgewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern und Einkünfte aus der Liquidation von Beteiligungen von mehr als 10 % an Kapitalgesellschaften. Diese Einkünfte können nur dann in Luxemburg besteuert werden, wenn sie nicht im Ausland besteuert werden.
Die Einkünfte der luxemburgischen Reverse-Hybrid-Personengesellschaft sollen für das Kalenderjahr und auf einer „Cash-in- und Cash-out-Basis“ ermittelt werden. Ausschüttungen von Einkünften an ausländische Gesellschafter sollen nicht der luxemburgischen Quellensteuer auf Dividenden unterliegen. Dividenden, die aus der luxemburgischen Reverse-Hybrid-Personengesellschaft stammen, können jedoch von der luxemburgischen Steuerbefreiung von 50 % auf Dividendenerträge profitieren. Darüber hinaus kann die luxemburgische und die ausländische Quellensteuer auf die luxemburgische Körperschaftsteuer, die auf diese Einkünfte erhoben wird, angerechnet werden.
4.Steuererklärungspflichten für Personengesellschaften – FAQs
Zunächst muss klargestellt werden, dass – mit Ausnahme von umgekehrten hybriden Personengesellschaften – Personengesellschaften nicht der Körperschaftsteuer unterliegen. Die Körperschaftsteuer wird auf Gesellschafterebene erhoben. In bestimmten Fällen müssen luxemburgische Personengesellschaften jedoch eine Steuererklärung einreichen, in der die Art der von der Personengesellschaft erzielten Einkünfte (gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Kapitalvermögen usw.) und der den Gesellschaftern zuzurechnende Anteil an den Einkünften erklärt werden („gesonderte und einheitliche Feststellung“). In den FAQs will die Finanzverwaltung klarstellen, wann eine Erklärung von einer Personengesellschaft abgegeben werden muss und welche Vordrucke zu verwenden sind.
4.1 Der neue Vordruck 205
Es wird ein neuer Vordruck 205 eingeführt, der von luxemburgischen Personengesellschaften elektronisch eingereicht werden muss, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Vordruck 205 besteht aus zwei Teilen: Der erste Teil mit der Überschrift „Steuererklärung zur einheitlichen Ermittlung der Einkünfte“ bezieht sich auf die Einkünfte, für die die Personengesellschaft eine gesonderte und einheitliche Veranlagung nach § 215 der Abgabenordnung abgeben muss. Der zweite Teil mit der Überschrift „Erklärung zur Körperschaftsteuer“ betrifft die Erklärung von Einkünften luxemburgischer Reverse-Hybrid-Gesellschaften im Sinne von Artikel 168quater LEStG.
Was die Einreichung des ersten Teils des Vordrucks 205 betrifft, so verweisen die FAQs auf § 215 Abgabenordnung. Eine Personengesellschaft muss für das Geschäftsjahr 2022eine Steuererklärung abgeben(Vordruck 205, erster Teil), wenn Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte gemäß Artikel 99 LEStG erzielt und diese Einkünfte mehr als einem Gesellschafter zuzurechnen sind. Es ist nicht klar, ob ein luxemburgisches Investmentfondsvehikel wie ein RAIF oder ein SIF in Form einer Personengesellschaft den Vordruck 205 einreichen müssen. Bis zur Klärung durch die Steuerbehörden empfehlen wir, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, den Vordruck 205 auszufüllen.
Der zweite Teil des Vordrucks 205 muss von umgekehrten hybriden Personalgesellschaften eingereicht werden. Die Steuererklärung ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen unabhängig davon abzugeben, ob das Finanzamt hierzu aufgefordert hat oder nicht.
Der Vordruck 205 muss erstmals für das Veranlagungsjahr 2022 bis zum 31. Dezember 2023 eingereicht werden.
4.2 Vordruck 200
Den FAQs zufolge muss Vordruck 200 mit dem Titel „Erklärung zur gemeinsamen Feststellung der Einkünfte aus Personengesellschaften und Eigentümergemeinschaften“ („Déclaration pour l'établissement en commun des revenus d'entreprises collectives et de copropriétés“) von Personengesellschaften eingereicht werden, die gewerbliche Einkünfte erzielen, die jedoch nicht der luxemburgischen Gewerbesteuer unterliegen. Der Vordruck 200 ist auch von Personengesellschaften einzureichen, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Spekulationsgewinne aus der Veräußerung von Immobilien oder anderen Vermögenswerten oder, sofern es sich um Nebeneinkünfte handelt, Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des Artikels 97 LEStG erzielen.
Die Steuerbehörde weist darauf hin, dass Vordruck 200 nicht für Personengesellschaften bestimmt ist, die in erster Linie Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des Artikels 97 des LEStG oder Spekulationsgewinne aus anderen Vermögenswerten als Immobilien erzielen. Die Vordrucke 200 und 205 sollen nicht gemeinsam verwendet werden.
4.3 Vordruck 300
Den FAQs zufolge muss der Vordruck 300 „Erklärung zur gemeinsamen Feststellung des Gewerbeertrags und Erklärung zur Gewerbesteuer“ („Déclaration pour l'établissement en commun du bénéfice commercial et déclaration pour l'impôt commercial“) von Personengesellschaften eingereicht werden, die gewerbliche Einkünfte erzielen und in Luxemburg der Gewerbesteuer unterliegen. Vordruck 300 findet Anwendung, wenn in Luxemburg ansässige und nicht ansässige Personen in Luxemburg gewerbliche Einkünfte über eine Personengesellschaft erzielen, die steuerlich eine Betriebsstätte in Luxemburg darstellt. Die Vordrucke 300 und 205 sollen nicht gemeinsam verwendet werden.
5. AIQUNITED-Takeaway
Obwohl die Richtlinie und die FAQs Klarheit in Bezug auf die Verwendung des neuen Vordrucks 205 schaffen sollten, ist derzeit nicht sicher, ob luxemburgische RAIFs und SIFs in Form einer Personengesellschaft verpflichtet sind, den Vordruck 205 (erster Teil) einzureichen, wenn die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 215 Abgabenordnung erfüllt sind. Da solche Investmentfonds nicht bei den direkten Steuerbehörden registriert sind, ist es nicht möglich, das zuständige Finanzamt zu kontaktieren. Sofern der Fonds nicht von den Steuerbehörden zur Einreichung des Vordrucks 205 aufgefordert wird, sollte geprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einreichung einer Steuererklärung erfüllt sind. Wir empfehlen die gleiche Vorgehensweise für alle anderen luxemburgischen Personengesellschaften.
1 Bitte beachten Sie unseren aktualisierten Newsletter „Luxemburgische Personengesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern“:
2 Richtlinie des Direktors der luxemburgischen Steuerbehörden L.I.R. Nr. 168quater/1 vom 9. Juni 2023 (nur auf Französisch:
https://impotsdirects.public.lu/dam-assets/fr/legislation/legi23/lir-168quater-1-du-09062023.pdf).
3 Gemäß Artikel 168quater Absatz 2 LEStG ist ein Organismus für gemeinsame Anlagen ein Organismus oder Investmentfonds mit breiter Beteiligung, der über ein diversifiziertes Wertpapierportfolio verfügt und in dem Staat, in dem er ansässig ist, den Vorschriften über den Anlegerschutz unterliegt.