ESMA veröffentlicht Konsultationspapier zu Entwürfen für technische Regulierungsstandards für offene, darlehensvergebende AIFs

AIQUNITED-TEAM / Dezember 17th

Am 12. Dezember 2024 veröffentlichte die ESMA ihr Konsultationspapier zu Entwürfen für technische Regulierungsstandards (die "Entwurf RTS") für offene, darlehensvergebende AIFs. [1] Diese Entwürfe zielen darauf ab, die Anforderungen für offene, darlehensvergebende AIFs in Bezug auf:

  • ein solides Liquiditätsmanagementsystem,
  • die Verfügbarkeit von liquiden Mitteln,
  • die Stressszenarien-Tests sowie
  • eine angemessene Rücknahmepolitik definieren.

Die gute Nachricht Nr. 1 ist, dass das Thema nicht neu ist – es ist tatsächlich 11 Jahre alt. Die Entwurf RTS basieren auf den Anforderungen, die bereits durch die AIFMD Level-II-Verordnung [2] definiert wurden. Die ESMA weist zu Recht darauf hin, dass Artikel 46 der Level-II-Verordnung vorschreibt, dass AIFM den zuständigen Behörden ihres Herkunftsmitgliedstaats nachweisen müssen, dass ein angemessenes Liquiditätsmanagementsystem und wirksame Verfahren gemäß Artikel 16(1) der AIFMD unter Berücksichtigung folgender Punkte vorhanden sind:

  • die Anlagestrategie,
  • das Liquiditätsprofil und
  • die Rücknahmepolitik jedes AIFs.

Artikel 47 der Level-II-Verordnung spezifiziert zudem, dass ein AIFM, der einen offenen AIF verwaltet, ein Liquiditätsniveau im AIF aufrechterhalten muss, das den zugrunde liegenden Verbindlichkeiten angemessen ist, basierend auf einer Bewertung der relativen Liquidität der Vermögenswerte des AIF auf dem Markt, unter Berücksichtigung der benötigten Zeit für die Liquidation und das Preisniveau, zu dem diese Vermögenswerte liquidiert werden können, und ihrer Sensitivität gegenüber anderen Marktrisiken oder Faktoren. Dieses erforderliche Liquiditätsniveau ist bereits nach der aktuell geltenden Rechtslage nicht statisch. Artikel 47 der Level-II-Verordnung verlangt vielmehr, dass der AIFM das Liquiditätsprofil des Portfolios des AIF kontinuierlich überwacht und geeignete Liquiditätsmessverfahren und -arrangements implementiert und aufrechterhält, um die quantitativen und qualitativen Risiken von
Positionen und geplanten Investitionen zu bewerten, die sich wesentlich auf das Liquiditätsprofil des Portfolios des AIF auswirken können.

Diese Anforderungen bestehen seit 2013, und die ESMA weist darauf hin, dass es keine regulatorischen Lücken in den bestehenden Anforderungen der Level-II-Verordnung an das Liquiditätsmanagement gibt. [3] Ob es tatsächliche Lücken im derzeitigen Management von offenen, darlehensvergebenden AIF gibt, ist eine andere Frage. Folglich sieht die ESMA die Entwurf RTS als ein Harmonisierungsmittel der bestehenden Level-II-Anforderungen in der EU sowie als Instrument für die Klärung von bereits bestehenden Zweifelsfragen in Bezug auf offene, darlehensvergebende AIF an.

Die zweite gute Nachricht ist, dass die Entwurf RTS nur offene AIF betreffen. Aus offensichtlichen Gründen und wie Artikel 16(1) AIFMD und Artikel 46 der Level-II-Verordnung bereits betonen, gelten die vorstehend beschriebenen Anforderungen nicht für geschlossene AIF. Folglich richten sich die Entwurf RTS ausschließlich an offene, darlehensvergebende AIF. [4] Da die meisten AIF geschlossen sind, werden sie von den Entwurf RTS nicht betroffen sein. Jeder AIFM, der nur geschlossene AIF verwaltet, kann hier aufhören zu lesen.

Angesichts des aktuellen Hypes um alles, was mit „ELTIF“ zu tun hat, können die Entwurf RTS und die daraus resultierende zukünftige Gesetzgebung jedoch für eine Reihe von AIFM wichtig werden. Während die ELTIF-Verordnung davon ausgeht, dass ELTIF geschlossen sein sollten, werden Marktteilnehmer, die für das Marketing und den Vertrieb von ELTIF verantwortlich sind, Ihnen etwas anderes sagen. Infolgedessen werden die meisten ELTIFs – zumindest diejenigen, die für Privatanleger offen sind – offene AIFs sein und unterliegen der Level-II-Verordnung und werden den derzeit von der ESMA in Betracht gezogenen RTS unterliegen.

Die ESMA beabsichtigt, die Anforderungen der AIFMD und der Level-II-Verordnung an das Liquiditätsmanagement der AIFM im Falle von offenen, darlehensvergebenden AIF zu präzisieren und wo notwendig anzupassen. Die Entwurf RTS basieren auf den Bestimmungen der AIFMD II [5] , die unter anderem die AIFMD in Bezug auf das Liquiditätsmanagement ändert bzw. präzisiert. Neben den bereits erwähnten vier Punkten, nämlich einem soliden Liquiditätsmanagementsystem, der Verfügbarkeit von liquiden Mitteln, Stressszenarien sowie einer angemessenen Rücknahmepolitik, sollen AIFM, die offene, darlehensvergebende AIF verwalten, bei der Definition ihres Ansatzes auch Folgendes berücksichtigen:

  • die zugrunde liegenden Kreditforderungen
  • die durchschnittliche Rückzahlungsdauer der Darlehen und
  • die Granularität und Zusammensetzung des Portfolios des darlehensvergebenden AIF.

Ein solides Liquiditätsmanagement verlangt von AIFM (zukünftig)[6] , ihren zuständigen Heimatbehörden nachweisen zu können, dass ihr Liquiditätsrisikomanagementsystem für offene, darlehensvergebende AIF mit der Anlagestrategie jedes AIF, seiner Rücknahmepolitik, seiner Strategie und seiner Rücknahmefrequenz kompatibel ist, damit der AIF ausreichend liquide bleibt, um Rücknahmeanträge zu erfüllen. Dazu wird von AIFM erwartet, eine angemessene Rücknahmepolitik zu entwickeln, die auf die Merkmale jedes offenen, darlehensvergebenden AIF abgestimmt ist und auf der Bewertung der folgenden Faktoren basiert:

  • die Häufigkeit der den Anlegern angebotenen Rücknahmen,
  • der Anteil an liquiden Mitteln,
  • die Portfoliodiversifikation und das Liquiditätsprofil der zu haltenden Vermögenswerte,
  • die Anlagepolitik und -strategie,
  • die angestrebte Kreditqualität der zu gewährenden Darlehen,
  • die angestrebte Anlegerbasis und die Anlegerkonzentration,
  • der erwartete Umfang an Zeichnungen und Rücknahmen der Anleger,
  • die Mindesthaltedauer, sofern zutreffend,
  • die Länge der Ankündigungs- und Rückzahlungsfristen, sofern zutreffend,
  • andere Rücknahmebedingungen, sofern vorhanden,
  • erwartbare eingehende Zahlungsströme,
  • die Marktbedingungen und wesentlichen Ereignisse, die die Möglichkeit des AIFM zur Umsetzung der Rücknahmepolitik beeinflussen können,
  • verfügbare Liquiditätsmanagementinstrumente, deren Kalibrierung und die Bedingungen für deren Aktivierung,
  • die Ergebnisse der Liquiditäts-Stresstests,
  • die Verfügbarkeit einer zuverlässigen, soliden und aktuellen Bewertung der Darlehen und anderer Vermögenswerte im Portfolio, die ihrem geschätzten realisierbaren Wert zu den Terminen der Rücknahmen entspricht.

Diese Faktoren müssen von einem AIFM für jeden offenen, darlehensvergebenden AIF bewertet und dokumentiert werden und zeigen unserer Meinung nach auf, wie die Dokumentation eines AIFM für jeden seiner offenen, darlehensvergebenden AIF aussehen kann.

Um die ausreichende Verfügbarkeit von liquiden Mitteln zu bewerten, müssen AIFM die erwarteten Zahlungsströme aus den vergebenen Darlehen unter Berücksichtigung erwarteter Ausfälle und Umschuldungen berücksichtigen. AIFM können als liquide Mittel jede Investition eines AIF betrachten, die während der Dauer der Ankündigungsfrist in Liquidität umgewandelt werden kann, ohne ihren Wert wesentlich negativ zu verändern. Auch hier muss eine solche Bewertung auf einer detaillierten Analyse der Anlagestrategie des AIF und auf Annahmen in Bezug auf Marketingerfolg, Investitionsgeschwindigkeit, Kreditqualität usw. basieren. Der AIFM muss diese Bewertung sowie die Annahmen, die der Bewertung zugrunde liegen, dokumentieren.

Stresstests müssen mindestens vierteljährlich durchgeführt werden und spezifisch für den betroffenen AIF sein. Die Aktiv- und Passivseite der Bilanz des AIF müssen getrennt und dann kombiniert gestresst werden, um die Resilienz des Portfolios zu erhöhen.

AIFM müssen während der Laufzeit eines AIF die Entwicklung der vergebenen Darlehen, wie z. B. die Rückzahlungsströme, frühe Signale möglicher Ausfälle, den Stand der liquiden Mittel und das Verhalten der Anleger überwachen.

Angesichts der Tatsache, dass laut ESMA keine Lücken zwischen der Level-II-Verordnung und den Entwürfen für die RTS bestehen, könnte man annehmen, dass diese Bestimmungen keine relevanten Änderungen der aktuellen Marktpraktiken nach sich ziehen. Es gibt jedoch einige Punkte, auf die wir als zumindest möglicherweise „schlechte Nachrichten“ hinweisen möchten:

  • Die ESMA stellt klar, dass diese Entwurf RTS auf jeden offenen darlehensvergebenden AIF angewendet werden sollen. Die Entwurf RTS sprechen davon, das AIFM in der Lage sein sollen, die Einhaltung dieser Verpflichtungen für jeden von ihnen verwalteten offenen, darlehensvergebenden AIF gegenüber ihrer nationalen zuständigen Behörde nachweisen zu können. Unserer Meinung nach bedeutet ein solcher Nachweis nichts anderes als Dokumentationspflichten für AIFM, einschließlich der in Abschnitt 2 genannten Faktoren. Selbst wenn alle Verfahren zur Verwaltung von offenen, darlehensvergebenden AIF im Einklang mit den Entwurf RTS bereits vorhanden sind, müssen diese jetzt auch dokumentiert werden, um sie der zuständigen Behörde auf Anfrage vorlegen zu können. Einige Aspekte werden bereits von der CSSF im Rahmen des Genehmigungsverfahrens im Falle von ELTIF abgefragt.
  • Einige Aspekte der Entwurf RTS können auch materielle Herausforderungen für AIFM darstellen, z. B. die erforderlichen Annahmen in Bezug auf: tatsächliche Rücknahmefrequenzen, erwartete Zahlungsströme aus den Darlehen, Ausfälle von Darlehen und Umschuldungen von Zahlungsplänen oder das „erwartete Verhalten der Anleger“.

Dies sind noch Entwurf RTS und daher noch nicht in Kraft. Allerdings – wie oben erwähnt – betrachtet die ESMA diese Entwurf RTS als Klarstellungen und Harmonisierungen bereits anwendbarer regulatorischer Anforderungen. Wir empfehlen daher AIFM, die möglicherweise Lücken in ihrer Dokumentation haben, solche Lücken zu adressieren, ohne auf das rechtlich verbindliche Inkrafttreten der Entwurf RTS zu warten.


[1] www.esma.europa.eu/sites/default/files/2024-12/ESMA34-1985693317-1085_CP_RTS_on_open-ended_loan-
originating_AIFs_under_the_AIFMD.p
df

[2] Commission Delegated Regulation (EU) No 231/2013 of 19 December 2012 supplementing Directive 2011/61/EU of the European Parliament and of the Council with regards to exemptions, general operating conditions, depositaries, leverage, transparency and supervision Text with EEA relevance, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A02013R0231-20240212

[3] ESMA, referenz 11.

[4] Wir weisen darauf hin, dass auch für alle übrigen offenen AIF die vorstehend genannten Regelungen der AIFMD
und der Level-II-Verordnung (weiterhin) gelten.

[5]Directive (EU) 2024/927 of the European Parliament and of the Council of 13 March 2024 amending Directives 2011/61/EU and 2009/65/EC as regards delegation arrangements, liquidity risk management, supervisory reporting, the provision of depositary and custody services and loan origination by alternative investment funds (europa.eu), please refer to our newsletter concerning AIFMD II: https://aiqunited.com/de/editorial/aifmd-ueberblick-und-die-wichtigsten-aenderungen-durch-die-aifmd-ii/

[6] Wie bereits erwähnt, handelt es sich hierbei noch um Entwürfe, die noch nicht in Kraft getreten sind. Wie
geschrieben, betrachtet die ESMA diese RTS-Entwürfe jedoch als Klarstellungen und Harmonisierungen bereits
geltender regulatorischer Anforderungen.


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